Mayhem - eine stilistische und inhaltliche Grobheit mit Reiz und dem Gefühl, dass dieser Autor durchaus mehr auf dem Kasten hat, als es hier den Anschein hat ...
Inhalt: Die Erde bebt, die Peristase spielt verrückt und alle Lebewesen drehen durch – nichts ist mehr so, wie es einmal war! Die Apokalypse kam ohne Warnung. Wer kann ihr entrinnen? John Zagarino und eine kleine Schar Verzweifelter stemmen sich dem Ende der Zivilisation entgegen. Nur die Härtesten können es schaffen, dieses völlig verrückte Szenario zu überleben. Doch wie sollen sie den Kampf gegen die Ausgeburten der Hölle gewinnen, wenn sie sich gegenseitig zerfleischen?
Rezension: Die Sprache des Buches würde ich mal vorsichtig als “Wenzel Lüdecke-Deutsch” bezeichnen. Alternativ als frisch aus dem Berg gesprengten Felsbrocken – roh, ungeschliffen, voller Kanten und Ecken, an denen man sich blutige Kratzer, in diesem Fall Augen, holt. Das entspricht auch in etwa dem Inhalt des Romans, der damit perfekt wiedergegeben wird.
Ich bin mir aber trotz des Nachwortes unsicher, ob es sich hier nicht um eine Parodie handelt. Name der Hauptfigur, Verweise auf Filme und Genrebücher, Action und Setting, all das sind Elemente, die man nur als over the top bezeichnen kann. Vieles an dem Buch deutet auf einen satirischen Roman, der sich bis hinein in den Stil in parodistischer Zitatenlust mit Genre-Konventionen spielt. Ob meine Überlegung stimmt, weiß ich nicht. Erschwert wird die Einschätzung durch ein Lektorat, das ich als mangelhaft sehe. Es sind doch zu viele Fehler unkorrigiert geblieben, um darüber hinwegzusehen.
Zurück zum Inhalt. Der Autor hat eine unverkennbare Vorliebe für Trash-Filme, B-Movies der 1980er und 1990er Jahre. Beste Voraussetzungen also, um diese Achterbahnfahrt wilder Abenteuer und Zitate stilgerecht auf die Leserschaft loszulassen. Das fängt schon einmal damit an, dass die Hauptfigur den Namen Zagarino trägt. Hier ist es John, in der Filmwelt ist es Frank Zagarino, der in jenen Jahrzehnten eine gewisse Popularität im B-Movie erlangte. Billige Actionstreifen und hanebüchene SF-Filme, mit dem gelegentlichen Ausrutscher eines guten Streifens. So gesehen kann Mayhem durchaus eine Verbeugung vor dem Filmschaffen des Darstellers Zagarino sein.
Wie auch immer, Mulligan legt mit hohem Tempo los und lässt bis zum Schluß nicht von der halsbrecherischen Geschwindigkeit ab. Er startet mit einem Spektakel, das einem der großen, alten Katastrophenfilme alle Ehre erweist, bewegt sich durch stimmungsvolle, weil menschenleere Kulissen und schickt uns schlitternd in immer merkwürdigere Gefilde. Es sei an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass der Autor eine gewisse Lust daraus zu gewinnen scheint, Figuren unerwartete und böse Tode anzugedeihen. Dabei wird er auch gemein.
Mulligan gewährt seinen Protagonisten keine Ruhe, keine Pause, drängt sie oft in die Defensive, Zagarino kann einen beträchtlichen Teil des Buches nur defensiv reagieren, bis es ihm endlich gelingt, die Oberhand zu erlangen. Die Geschichte spielt in einer relativ kurzen Zeitspanne und lässt die Geschehnisse quasi stündlich bizarrer, brutaler und blutiger ausfallen. Zart besaitet ist der Autor nicht – er schöpft das Gehirn mit vollen Händen aus den aufgeknackten Schädeln.
Zwischendurch möchte man echt meinen, Mulligan hat es darauf angelegt, mit seinem halsbrecherischen Tempo und der Nonstop-Action den Filmen von Dwayne Johnson den Rang abzulaufen. Ob Jumanji oder Fast & Furious Teil 666, der Roman rast mit durchgetretenem Gaspedal dahin. Langweilig wird es einem dabei nicht. Ich vermute mal, dem Tempo ist auch der fehlende Sex zu verdanken. Hier wird nicht gefickt und im Nachwort erklärt Mulligan, wie schwer es ihm gefallen ist, auf die Sexszenen zu verzichten. Alter, warum? Dafür gibt es, sozusagen als Ersatz, noch ein paar Handlungsebenen obendrauf auf die Apokalypsen-Torte.
Mayhem lässt mit dem Gefühl zurück, dass der Autor mehr auf dem Kasten hat, als man es meinen möchte. Minuspunkte gibt es für die Unausgewogenheit in Sachen Stil und Lektorat, Pluspunkte für das Tempo und Gespür für Action. Wird spannend zu lesen, wie sich Mulligan entwickelt.
Was den Verlag angeht, Savage Books hat die große Chance, mit actionorientierten Romanen sich in einer recht unbeachteten Nische einzurichten. Shane Mulligan kann die Leute sicherlich dahingehend beraten, welches Sub-Genre vernachlässigt ist und dringend Nachschub braucht. Nur in Sachen Lektorat gilt es für das Verlagsteam noch, die richtigen Leute zu finden. Ich drücke die Daumen!
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